14. Mai 2024 | Diplom- Meteorologe Christian Herold

Polarlichter eine Nachlese

Polarlichter eine Nachlese

Datum 14.05.2024

Viele haben in der Nacht zum Samstag die beeindruckenden Polarlichter beobachten können. Dabei erreichten uns zahlreiche Bilder aus ganz Deutschland. Wie kommt es zu Polarlichtern, wie entstehen die Farben und wie häufig kommt ein derart ausgeprägtes Ereignis in Deutschland vor?

Am Wochenende gab es Polarlichter bis in mittlere Breiten. Höhepunkt war die Nacht zum Samstag. Dann konnte man sogar mit bloßem Auge helle Polarlichter bis in den Zenit beobachten.

Die Ursache der Polarlichter war ein geomagnetischer Sturm. Gegen Mitte und Ende der vergangenen Woche ereigneten sich mehrere heftige Sonneneruptionen aus einer großen Sonnenfleckengruppe mit der Nummer 3664. Bei diesem Ausbruch wurden große Mengen Gas, das zu einem Großteil aus geladenen Teilchen besteht, in den Weltraum geschleudert. Man spricht dabei von einem koronalen Massenauswurf (engl. Coronal Mass Ejection, CME). Sonnenflecken sind kühlere Bereiche auf der Sonnenoberfläche, die durch Störungen im Sonnenmagnetfeld entstehen und als dunkle Flecken in Erscheinung treten.

Die Wolke aus geladenen Teilchen bewegte sich auf die Erde zu. Die Teilchenwolken deformieren das interplanetarische Magnetfeld, sodass es sich mit dem Erdmagnetfeld verbinden kann. In den oberen Schichten der Atmosphäre treffen die geladenen Teilchen auf Luftmoleküle und regen diese zum Leuchten an, wodurch die Polarlichter entstehen.

Je nachdem, in welcher Höhe welche Moleküle angeregt werden, entstehen leuchtende Bögen, Vorhänge und Bänder in unterschiedlichen Farben. So erzeugen Sauerstoffmoleküle in 200 km Höhe rotes und in 100 km Höhe grünes Licht. Stickstoff leuchtet violett oder blau in tieferen Schichten der Atmosphäre. Deshalb leuchten Polarlichter in mittleren Breiten eher rot, da das grüne und blaue Licht in geringerer Höhe entstehen und nur dort, wo die Teilchen so tief in die Atmosphäre eindringen können. Dies ist meistens in nördlichen Breiten der Fall.

Der geomagnetische Sturm in der Nacht zum Samstag wurde von der NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) als G5-Sturm klassifiziert. Es ist der erste G5-Sturm seit dem Herbst 2003. Der erste Höhepunkt war gegen 23:00 Uhr lokaler Zeit. Ein weiterer, noch stärkerer Substurm folgte von 01:00 - 03:00 Uhr, dann waren Beamer und farbige Bögen sogar über den Zenit hinaus zusehen. Fotos gab es sogar von Teneriffa und Puerto Rico.

Nach einer eher geringeren Aktivität in der Nacht zum Sonntag, wo das Polarlicht meist nur auf Fotos zu sehen war, wurde ab Sonntagnachmittag ein weiteres CME vorhergesagt, das auf das Erdmagnetfeld treffen sollte und wieder für helle Polarlichter sorgen sollte. Allerdings ging dieses nur knapp an der Erde vorbei, sodass nur im äußersten Norden Polarlicht zu sehen war. Die für die Polarlichter verantwortliche Fleckengruppe hat sich nun bereits auf die Rückseite der Sonne verlagert. Die Erde ist deshalb erstmal aus dem Schussfeld dieser Gruppe. Auch wenn heute Nacht noch ein schwacher Streifschuss eines CMEs nachkommen und mit etwas Glück Polarlichter auslösen könnte, so hell wie noch am Samstag werden diese wohl nicht mal werden.

Doch wie häufig treten solche Ereignisse in mittleren Breiten auf? Die Sonne durchläuft einen 11-jährlichen Zyklus, in dem es einmal zu einem Sonnenfleckenmaximum kommt. Im Bereich des Sonnenfleckenmaximums sind die Chancen wie derzeit am besten, um bei uns Polarlichter sehen zu können. In der Regel kann man dann ein paar Mal, zumeist schwaches Polarlicht in Deutschland sehen. Solche hellen Polarlichter wie in der Nacht zum Samstag sind aber sehr selten und traten zuletzt am 30. Oktober 2003 auf. Zudem muss auch das Wetter passen und das CME muss die Erde in der Nacht treffen, um Polarlichter überhaupt sehen zu können.


Polarlicht in der Nacht zum Samstag zeigt beeindruckend seine ganze Farbenpracht. Aufgenommen von Julia Tuschy in Westerngrund im Spessart. (Quelle Julia Tuschy)




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