Derzeit sind vier tropische Wirbelstürme auf den Meeren der Nordhalbkugel unterwegs: Hurrikan "Gabrielle" auf dem Atlantik, Tropensturm "Narda" über dem Ostpazifik, Taifun "Neoguri" über dem Westpazifik und Taifun "Ragasa" über dem Südchinesischen Meer. Besonders ins Auge stechen dabei die beiden Kategorie-4-Wirbelstürme "Gabrielle" und "Ragasa" und das nicht nur aus optischen Gründen. Doch dazu gleich mehr.
Zunächst einmal noch eine kurze Erklärung zu den ganzen Begriffen, die Ihnen der Autor gerade um die Ohren geworfen hat.
Von einem Taifun, Hurrikan oder Zyklon spricht man bei einem Sturm, der im einminütigen Mittel Windgeschwindigkeiten von mindestens 118 km/h, also Orkanstärke hervorbringt. Die weitere namentliche Einordnung erfolgt dann über die Region, in der der Sturm sein Unwesen treibt. Über dem Indischen Ozean und dem Südpazifik werden sie Zyklone genannt, über dem Atlantik und Nordpazifik (östlich von 180 Grad Länge) Hurrikane und über dem Nordpazifik westlich von 180 Grad Länge Taifune. Rein meteorologisch handelt es sich dabei aber um dasselbe Wetterphänomen, nämlich um einen tropischen Wirbelsturm. Ihre Vorstufe wird tropischer Sturm oder Tropensturm genannt. Um diesen Status zu erreichen, muss ein Tief einminütige Mittelwinde von mindestens 62 km/h hervorbringen.

Doch nun zurück zu unseren beiden Vorzeigewirbelstürmen "Gabrielle" und "Ragasa". "Vorzeige-" deshalb, weil beide optisch sehr ansprechend sind. Beide verfügen über ein gut ausgeprägtes, wolkenarmes Auge, um das sich die konvektiven Bänder (Schauer- und Gewitterstaffeln) spiralförmig drehen. Doch so schön sie auch anzusehen sind, so zerstörerisch sind sie auch. "Ragasa" zog am gestrigen Montag als Taifun der Kategorie 5 und damit der höchsten Einstufung auf der Saffir-Simpson-Skala knapp nördlich an den Philippinen vorbei. Die einminütige mittlere Windgeschwindigkeit in der Nähe des Auges wurde dabei auf bis zu 270 km/h geschätzt. Neben Zerstörungen durch den Wind, sorgten heftige Regenfälle zudem für Überflutungen im Norden der Philippinen. Medienangaben zufolge mussten 25.000 Menschen ihre Häuser verlassen, ein Mensch wurde getötet.
Nun zieht der Taifun unter leichter Abschwächung nach Südchina. Er bleibt aber natürlich weiterhin extrem gefährlich. Morgen, also Mittwochfrüh soll "Ragasa" westlich von Hong Kong mit mittleren Windgeschwindigkeiten von rund 175 km/h auf Land treffen. Dementsprechend bereitet sich die dortige Bevölkerung vor. Zahlreiche Flüge wurden gestrichen, Schulen geschlossen und das ein oder andere Supermarktregal ist regelrecht leergefegt.

Ziemlich genau auf der anderen Seite der Nordhalbkugel zieht "Gabrielle" recht einsam ihre Kreise über dem Atlantik. Naja, "Kreis" passt nicht wirklich. Vielmehr zog der Sturm von Südost nach Nordwest über den Atlantik, bog in gebührendem Abstand vor den Bermudas nach Norden ab, um nun ost-nordostwärts Richtung Europas zu ziehen. Dabei fällt auf, dass die prognostizierte Zugbahn ziemlich weit südlich und damit über recht warme Gewässer verläuft, wodurch "Gabrielle" ihre tropischen Eigenschaften relativ lang behalten kann. In der Folge könnte "Gabrielle" am Freitag auf die Azoren treffen und das wohlgemerkt noch als Hurrikan! Und im Laufe des Wochenendes könnte es schließlich auch noch die Iberische Halbinsel mit dem Wirbel zu tun bekommen. Dann aber "nur" noch als posttropischer Sturm und damit offiziell nicht mehr als "Gabrielle", sondern als "ex-Gabrielle".

So zumindest der aktuelle Prognosestand. Dass diese Entwicklung noch mit einigen Unsicherheiten einhergeht, ist selbstredend. Spannung ist aber auf jeden Fall geboten.
Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.09.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst